Hallo und viele Grüße aus Moldawien! Nach Durchquerung der Karpatenukraine sind wir östlich von Chernivtski in das wohl unbekannteste Land Europas eingereist. Auch für mich war Moldawien eine Premiere! Wie auch schon in der Ukraine, war unser Empfang dort überaus herzlich. Gleich drei Kilometer hinter der Grenze, wo wir unter einer kleinen Brücke Schutz vor Regen suchten, schenkten uns Anwohner zwei dicke Wassermelonen. Mein Hinweis, dass eine reiche, und zwei viel zu schwer seien, schien sie nicht zu beeindrucken. Wir sollten doch einfach eine sofort essen. Puh! Das war harte Arbeit! Eigentlich waren wir nämlich gar nicht hungrig. Und versucht dann mal, eine ganze Wassermelone zu essen… Naja, nach gewisser Zeit, und mit Magdalenas Unterstützung, haben wir es dann doch geschafft.
Um die Rückreise zu vereinfachen, sind wir dann noch weiter nach Rumänien gefahren. Wir dachten uns, es sei sicher unkomplizierter, die Zugfahrt innerhalb der EU zu beginnen. Nachrichten hatten wir länger nicht mehr gelesen, daher wurden wir ein wenig davon überrascht, dass aufgrund der Flüchtlingssituation der internationale Zugverkehr stark eingeschränkt war. Mit Regionalzügen und etwas Ausdauer sind wir nun aber doch noch bis nach Dresden gelangt. Mehr dazu weiter unten – viel Spaß mit den Bildern!

 

 


Mittagspause in der Ukraine. Leni ist gerade dabei, neue Freunde zu finden…

 

 

Eine der besseren ukrainischen Straßen.

 

 

Eine der schlechteren ukrainischen Straßen. Loser Schotter und 10 Prozent Steigung – hier mussten wir tatsächlich mal schieben.

 

 

Wir fahren durch schöne, die Karpaten durchziehende Täler. An guten Tagen kommen wir auf 90 bis 100 Kilometer. Das spricht für den Hänger! Magdalena liegt/schläft weiterhin sehr gern darin!

 

 

Die Wälder hier scheinen komplett FSC zertifiziert zu sein. Auch fünf kleiner Nationalparks gibt es, die karpatischen Buchenwälder sind zum Teil sogar Weltnaturerbe!

 

 

Etwas gestutzt haben wir über die vielen Kreuze mit einem Totenkopf darunter. Eine kurze Recherche ergab: Das soll wohl auf eine frühe christliche Legende hindeuten. Demnach soll Adam auf Golgatha begraben worden sein. Nach der Kreuzigung Jesu bebte die Erde, und Adams Gebeine wurden sichtbar.

 

 

Aber zurück zum Weltlichen. Nachtisch! Zumindest in größeren Orten oder an Fernverkehrsstraßen gibt es Restaurants, und wenn es passte, haben wir überaus gern dort gerastet. Ihr seht warum…

 

 

Flussquerung auf ukrainische Art. Diese Trucks scheinen echt alles mitzumachen…

 

 

Hübsche, wenig befahrene Straße durch die Berge…

 

 

Oben angekommen! Viel höher als 1000 m über NN werden die Pässe hier auch nicht. Ihr seht – bei mir gibt es noch ein wenig Gewichtsoptimierungspotential 🙂 Ausgangsgewicht waren 85 Kg, Zielgewicht sind 77 Kg bei Tourstart im Dezember… Dann sollten die Andenpässe, auch bei 5000 m über NN kein Problem mehr sein : )

 

 

Emilia muss durch das Stillen eher aufpassen, dass sie ihr Gewicht hält, und noch genügend Reserven zum Muskelaufbau bleiben. Magdalena hingegen darf so viel zunehmen wie sie möchte… Das muss so bei Babys.

 

 

Ukrainischer Markt. Auf der Suche nach Feuchttüchern und Windeln wurden wir übrigens auch erst auf einem Markt fündig. Die Läden hier sind eher so eine Mischung aus Spirituosenfachgeschäft und Kiosk…

 

 

Juhuu! Schlamm! Endlich können wir das Schlammwurfverhalten des Tandems testen. Ergebnis: Schutzbleche weglassen geht in Ordnung. Und der Hänger ist durch die Packsackkonstruktion optimal geschützt… Das Sonnensegel fängt zudem fast alles auf, was durch den Trailer in Richtung Magdalena geworfen wird.

 

 

Das sieht stark nach Apfelmus aus.

 

 

In der Ukraine herrscht Krieg. Ich habe mich vorher gefragt, ob es okay ist, trotzdem in einem andern, sicheren Landesteil ‚Urlaub‘ zu machen. Genau wie ich mich das vor dem Iran gefragt habe, ob es okay ist in ein Land, reagiert von einer grausamen Diktatur, zu reisen. Im Iran habe ich viele traurige Geschichten gehört, und auch hier ist es traurig zu sehen, wie viele Menschen bei einem Streit um Macht, Territorium und Einfluss sterben. Als ich 2010 über die Krim gefahren bin, hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass hier ein paar Jahre später einmal Krieg herrscht. Nun stehen in jedem größeren ukrainischen Ort frisch aufgehäufte Erdhügel für die Toten. Teils mit einer langen Reihe von Fotos. Das hat mich sehr berührt, und mir sehr deutlich gezeigt, wie unzählig viele persönliche Schicksale so ein Konflikt nach sich zieht – und auch, wie glücklich wir in Deutschland über Sicherheit, Demokratie und Rechtsstaat sein können. Wir sollten stolz darauf sein, dass so viele Menschen das ähnlich sehen, und aufgrund unseres hervorragenden Rufes zu uns kommen möchten.

 

 

Alle Brücken sind in der Nationalfarbe lackiert – vielleicht zur Stärkung der nationalen Identität – vielleicht aber auch, weil es hübscher als grau ist.

 

 

Themenwechsel. Moldawien. Eine der besagten Wassermelonen. Die andere befindet sich hier gerade seit drei Stunden in unseren Bäuchen.

 

 

Magdalena wird ein echter Gourmet: Sie mag bisher: Brot, entsalzte Pommes, Hefezopf, Möhre, Gurke, Wassermelone, Pfirsich, Pizzarand, Nektarine, Apfel, Blätterteig, Kartoffel, Nudeln, Reis (und einiges habe ich bestimmt noch vergessen…)

 

 

Das Gespann dieser Tour. Mir ist der Abstand zwischen Sattel und Lenker zu kurz. Aber gewisse Einschränkungen sind ja zu erwarten, bei einer one-fits-all Lösung. Man könnte noch diese Extrahörnchen von Hasebikes installieren, oder eine Sattelstütze mit größerem Setback verwenden. Aber auf der Südamerikatour werde ich ja mein eigenes Reiserad fahren – für Emilia passt das Pino hingegen ganz gut (sowohl als Captain, als auch als Stoker).

 

 

Das ‚Cockpit‘. Ich habe es geschafft, eine Lenkertasche zu befestigen. Dann war vorn noch Platz für drei weitere Lowrider. Das war sehr ausreichend für uns. Die Rückenlehne stört etwas. Zumindest ist Wiegetritt, und auch Pedalieren im Stehen nicht möglich. Das Pino besitzt des Weiteren nun ebenfalls einen höhenmesstauglichen Tacho, diesmal von Sigma (Sigma Sport BC 14.12 Alti). Funktioniert bisher bestens!

 

 

Regenfahrt. Der Hänger hält ziemlich gut dicht. Auf dem Boden liegende Sachen werden allerdings schon feucht bis nass. Die an Gurten aufgehängte Babyschale bleibt hingegen komplett trocken. Auch ich in meiner neuen Jacke bin nun obenrum sturmsicher. Ich liebe diese Jacke schon jetzt! Macht alles was sie soll – die Marmot Speed Light mit GoreTex Pro Membran war denke ich eine super Wahl.

 

 

Das finde ich klasse! Brunnenzugang für die Allgemeinheit. Die meisten Brunnen, auch jene von Privatgrundstücken sind zudem so angelegt, dass sie auch von der Straße aus zugänglich sind. Wasser war also nie ein Problem.

 

 

Kurz vor unserem Zielort hat der Schwalbe Marathon Performance Reifen aufgegeben. Das Profil löste sich von der Karkasse. Ein lauter Knall sorgte für eine Zwangspause. Den schadhaften Reifen habe ich so gut es ging geflickt, und mit dem Ersatzschlauch haben wir es noch im reduzierten Tempo und mit sehr wenig Druck zum nächsten Radladen geschafft.

 

 

Dort haben wir diesen tollen Reifen von Michelin bekommen (Protek Cross). Der macht eine ganz gute Figur – aber für die lange Reise werden wir die Mondial Faltreifen von Schwalbe verwenden, das bringt im Gegensatz zu Drahtreifen noch eine weitere erhebliche Gewichtseinsparung.

 

 

Nun geht es mit der Bahn nach Hause. In Rumänien teilte man uns mit, der gesamte internationale Verkehr aus Rumänien sei eingestellt. Wir nehmen daher erst einmal einen Regionalzug nach Westrumänien. Von dort aus ist es plötzlich kein Problem mehr, nach Budapest zu kommen. Von dort gibt es dann eine Direktverbindung nach Dresden. Auch die fuhr pünktlich, und die Radmitnahme war kein Problem. In Budapest selbst hatten wir eine Nacht Aufenthalt (von 19.00 bis 05:00). Für den Zeitraum lohnte es sich nicht wirklich, uns irgendwo teuer einzuquartieren. daher beschlossen wir, im Bahnhof zu schlafen. Der machte dann allerdings um 24.00 zu, daher zogen wir auf den Bahnhofsvorplatz um. Es war schon erschütternd, zweihundert Meter entfernt von Menschen zu übernachten, die ebenfalls nach Deutschland wollen, es aber unheimlich viel schwerer haben als wir. Im Bahnhof sind wir abends mit einigen Menschen in Kontakt gekommen, viele kamen gerade über Serbien an. Die meisten stammten aus Afghanistan oder Syrien, und wollten weiter nach Deutschland oder Westeuropa. Ich hoffe sehr, dass das Dublin-Abkommen bald durch eine sinnvollere Lösung ersetzt wird, und wünschte, dass endlich sichere Transitwege aus Afrika und Asien geschaffen würden.

 

 

Das letzte Bild dieses Eintrages: Nach 45 Stunden Zugfahrt und zwei extrem kurzen Nächten befinden wir uns kurz vor Dresden! Für alle Interessierten: Von Ostrumänien haben wir bis nach Dresden lediglich 80 Euro für Bahntickets ausgegeben (pro Person, Baby fährt kostenlos mit). Da ist Fliegen wirklich keine Option (wenn ich an den riesigen Verpackungsaufwand, das Risiko der Fahrradbeschädigung und nicht zuletzt an die CO2 Bilanz denke…).

 

 

Nun verdienen das Pino ein wenig Pflege, und wir ein wenig Schlaf!
Bis bald!

Jens

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