Hallo!

Seit dem letzten Blogeintrag sind einige Tage vergangen und viele hundert heiße, staubige Steppenkilometer liegen hinter uns.
Hinter der letzten russischen Stadt Astrakhan durchqueren wir noch ungefähr 100 Kilometer feuchtes Deltagebiet der Wolga, dann passieren wir die Kasachische Grenze und es folgen wieder weites Grasland, starke Trockenheit und einsame Menschenleere. Nur hin und wieder treffen wir auf eine Rinder- oder Schafsherde. Es gibt einige Wildpferde und auch die ersten Kamele und Dromedare zeigen sich. Größere Siedlungen dagegen sind selten und gründen sich fast immer auf Erdöl oder Gas – sonst gibt es neben der mageren Viehwirtschaft auf der trockenen Steppe kaum Gründe für Menschen, sich niederzulassen.

Die Straße nach Atyrau, der nächsten kasachischen Stadt hinter Astrakhan, ist wieder unseren Erwartungen bestens befahrbar, asphaltiert, und hat kaum Verkehr – es gibt so gut wie keine PKWs, nur ab und an ein LKW-Konvoi auf Transitfahrt. Besonders häufig sehen wir schon seit Russland LKWs der Spedition Willy Beetz. Während einer Rast neben der Straße hält einmal ein Konvoi an, der Fahrer steigt aus und erklärt uns, er habe uns nun bereits drei mal gesehen. Er komme mit seinem LKW aus Deutschland – transportiere Waren nach Afghanistan. Die Führerhäuschen sind in verschiedenen deutschen Städten angemeldet, die Auflieger manchmal in den Niederlanden, manchmal in Osteuropa oder ebenfalls in Deutschland. Die Fahrer wechseln während der Reise durch, und er selbst fahre nur bis Usbekistan. Er erzählt uns von fünftägigem Aufenthalt wegen Papieren in Beyneu vor der Grenze, wünscht uns noch eine gute Reise, warnt vor Temperaturen jenseits der 40 Grad in Usbekistan, schenkt uns zwei Kanister Wasser und eilt zurück zu seinem Fahrzeug – die Kollegen warten schon, es muss schnell weiter gehen…

Bei uns geht es auch weiter. Gen Osten. Gen Usbekistan. Landschaftlich ändert sich nicht mehr so viel. Auch der Wind ändert sich nicht mehr. Er ist fast jeden Tag gegen uns. Das zehrt etwas an den Kräften, aber voran kommen wir trotzdem. Die Temperaturen können bei wolkenlosem Himmel auf über 40 Grad am Mittag steigen. Mit Bewölkung und Wind – was oft der Fall ist – sind es jedoch meist angenehme 30 Grad, manchmal sogar kühler. Schon bald treffen wir in Beyneu ein, der letzten Versorgungsmöglichkeit auf dem Weg nach Usbekistan. Ich packe meinen zweiten Wassersack aus, belade mein Rad mit 12 Litern, kaufe reichlich Proviant ein, fülle eine extra Flasche Benzin für den Kocher ab und los geht es zur Grenze.

Es sind ungefähr 90 Kilometer von Beyneu bis zur Usbekischen Grenze. Zur einen Hälfte gut befahrbare Lehmpiste, zur andern Hälfte etwas schlechter befahrbare Schotter und Sandpiste. Mit breiten Reifen sollte man allerdings nicht steckenbleiben. An der Grenze selbst gibt es auf kasachischer Seite noch einmal zwei kleine Lebensmittelläden mit dem Nötigsten und auch eine Gaststätte. Wir passieren die winzige Grenzstation. Sie besteht aus Wellblechhütten, umfunktionierten alten Soviet LKW-Aufliegern und Containern. Eine neue Station ist aber scheinbar schon in Bau. Polizei sehe ich keine – scheinbar werden hier alle Angelegenheiten vom Militär geregelt. Die Aus- und Einreise verläuft Problemlos, uns werden bloß viele neugierige Fragen gestellt. Hinter der usbekischen Grenzstation halten sich einige fliegende Geldwechsler auf. Auch warten hier viele Fahrer und Passagiere auf Abfertigung – die Grenzer arbeiten unheimlich langsam und mit einem Fahrzeug hätten wir sicherlich mehrere Stunden benötigt.

Wir tauschen kasachische Währung und Euros in Usbekische Sum um. Aufgrund mangelnder anderer Unterhaltung gibt es, während wir um den besten Wechselkurs feilschen und die Berge an usbekischer Währung penibel nachzählen einen kleinen schaulustigen Volksaufstand – im Nu sehen wir uns umringt von lauter neugierigen Usbeken. Für 50 Euro bekomme ich 250 Geldscheine, diese während des ganzen Trubels nachzuzählen ist gar nicht so einfach. Am Ende stimmt aber alles und wir setzen unsere Fahrt fort.
20 Kilometer nach der Grenze gibt es dann noch einmal etwas abseits der Strasse das kleine Dorf Kralkakpaksan, wo ebenfalls die nötigsten Lebensmittel und Wasser zu finden sein sollten. Danach findet sich die nächste kleine Siedlung erst wieder bei Km 155 hinter der Grenze, etwas abseits der Strasse. Wasser und ein Lebensmittelladen gibt es auch hier. Bei Km 160 kommt dann eine kleine Raststätte mit warmer Küche. Es folgt wieder lange Zeit karge Steppe, nach 250Km hinter der Grenze ein weiterer kleiner Ort mit Wasser und einem winzigen Laden. Bei Km 275 gibt es eine Tankstelle. Bis hierher ist die Strasse asphaltiert, nun folgen 30 Km Schotter. Dann verlassen wir das trockene Plateau und fahren hinab ins grüne Flusstal des großen Amudarja. Insgesamt ist die Versorgungs- und Straßenlage also weit aus besser als wir erwartet hatten.

Nun sind wir seit vorgestern in Nukus, ruhen aus, wurden gestern schon zu traditionellem ausgesprochen leckerem Essen eingeladen, haben heute auf dem riesigen Basar unsere Vorräte wieder auufgefüllt und brechen morgen mit neuen Kräften gen Bukhara auf – das sind etwa 500Km, 400Km davon Vollwüste – ich bin gespannt!

 

 


Zwei Jungs aus Dagestan, die wir beim Einkaufen in Astrakhan treffen

 

 

An der russisch / kasachischen Grenze

 

 

Ein russisches mobiles high-tech Geraet, mit dem ganze Fahrzeuge durchleuchtet werden koennen

 

 

Abenteuerliche schwimmende Pontonbruecke ueber einen der vielen Seitenarme der Wolga

 

 

Jack laeuft unbemerkt durch den ganzen Trubel mit uns ueber die Grenze – fuer die Fahrt hat er nun ein kleines Koerbchen bekommen

 

 

Kasachstan! Alles gruendet sich hier auf Erdoel

 

 

Typisches Wohnhaus, aus Lehmziegeln erbaut, im laendlichen Raum

 

 

Strasse durch die weite Steppe

 

 

mein Rad

 

 

Mittags wird es so heiss, dass wir fuer laengere Zeit unter einer Eisenbahnbruecke rasten

 

 

Die ersten Kamele!

 

 

Jack erfreut sich immernoch bester Gesundheit, obwohl Julia ihn einmal mit einem Schlagloch hinauskatapultiert hatte und ich ihn, als er mir einmal aus Versehen vor das Rad gelaufen ist, mit beiden Reifen ueberfahren hatte…

 

 

Zeltplatz in der Steppe

 

 

Zwei Motorradfahrer aus Italien und den Niederlanden, die uns unterwegs begegnen, auf dem Weg in die Mongolai -> www.bike2horizon.com

 

 

Schotterpiste durch die Steppe – auf dem Weg nach Usbekistan

 

 

Zum Abschluss wieder ein Gewaesser, diesmal der grosse Amudarja

 

 

Und einer seiner Seitenkanaele

 

Nun geht es weiter nach Bukhara und Samarkand, alte Handelsstaedte an der Seidenstrasse
bis bald!
Jens

8 Kommentare

  1. Der Hund muss mit nach Deutschland! Auch wenn unsere Tierheime gut gefüllt sind, euer (ja, euer!) vierbeiniger Freund braucht ein Ticket gen Westen. Einfach zurücklassen ist doch keine Option. Gut, da wäre natürlich noch die Sache mit den notwendigen Einfuhrpapieren, aber ich bin mir sehr sicher, dass sich der Tierarzt in Frankfurt/ München/ Berlin nach einem Bericht eures Unternehmens gern ins Zeug legen wird.

    Haltet uns auf dem Laufenden. Der Bericht ist wie immer sehr gelungen!

    Gruß aus Hessen,
    Martin

  2. Hi Jens,

    ich hoffe der Russichkurs bringt dir noch etwas in der ländlichen Region Kasachstans.
    Es sind wunderschöne Bilder die du da gemacht hast, die einem dazu verleiten jeden Augenblick los zu fahren.
    Bukhara wird euch gefallen, es ist eine wunderschöne Stadt mit schönen Medresen!
    Dann übersteht mal die 500km Wüste gut und ich warte schon auf den nächsten Bericht sehnsüchtig 😉

    Ciao, gute Fahrt

  3. Hallo Jens !

    Bin durch Zufall auf Deine Seite gestoßen da ich übermorgen selbst für drei Wochen in die Ukraine fahre. Allerdings mit dem Motorrad.
    Danke Dir für die Bilder und wünsche eine erfolgreiche Reise und eine gesunde Heimkehr. (Gilt natürlich auch für Jack.)

    Mit großem Respekt

    Hannes (Österreich)

  4. Hey Holger! Gruesse zurueck ins Rheinland! Der Fluss ist in der Tat so braun – ich denke der transportiert einfach ziemlich viel Schlamm – den badenden Kindern scheint das nichts auszumachen…

    Jack betreffend: Die Papiere fuer den Hund sind wahrscheinlich wirklich ein Problem. Schon an der Grenze durfte der Hund nur weiter, weil die Beamten Aerger vermeiden wollten und ein Auge zudrueckten. Wir werden sehen ob er ueberhaupt nach Tadschikistan darf…

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