Hallo und viele Grüße vom letzten Ort der Carretera Austral – Villa O’Higgins! Am späten Montagabend sind wir hier angekommen, aber da mir die hervorragend geschriebene und aufwühlende Geschichte von Ingrid Betancourts sechsjähriger Gefangenschaft in der Gewalt der FARC Rebellen in die Hände gefallen ist, komme ich erst jetzt dazu, die neusten Fotos zu veröffentlichen… Erst musste ich die Lektüre beenden. Wenn ihr also nach einem außergewöhnlichen Buch Ausschau haltet erwägt es, euch „Kein Schweigen, dass nicht endet“ zu beschaffen. Das lohnt sich. Emilia ist gerade auch ganz vertieft darin…

Viel Freude mit den Bildern!



Wir sind unterwegs auf der allerletzten Etappe der Carretera Austral. Von Cochrane führt eine einsame Schotterpiste bis nach Villa O’Higgins, die auf dem letzten Abschnitt erst im Jahr 1999 fertiggestellt wurde. Die Landschaft ist recht vielseitig. Es wird deutlich feuchter, wir fühlen uns teilweise wieder wie im Regenwald. Zwischendurch passieren wir Sümpfe, Moore, viele Gletscher, zahlreiche Wasserfälle, tobende Flussläufe, vom Waldbrand verzehrte Gebiete und baumlose Felshänge.

 

 

Mittlerweile haben wir ein ganz gutes Gefühl dafür, wo wir die Zäune einfach öffnen können, um auf dem dahinter liegenden Gelände zu zelten. So lange wir sie hinter uns wieder schließen, ist das auch noch nie ein Problem gewesen. Schließlich sind sie auch eher als Viehbarriere zu sehen.

 

 

Emilia und Livia auf einer rasanten Abfahrt in eine tiefe Schlucht.

 

 

Ab hier regnet es fünf Tage lang. Wir verbringen viel Zeit im Zelt. Unser Trinkwasser fangen wir im Topf unter dem Außenzelt auf…

 

 

Nicht ohne Grund ist hier sehr sumpfig. Bei der Zeltplatzsuche hatten wir Glück und fanden diesen etwas erhöhten Kiesplatz, auf dem das Wasser gut abläuft. Hier ist es gerade drei Uhr Nachmittags und eine Regenpause hat eingesetzt. Wir entscheiden uns zum Aufbruch und fahren ein paar Kilometer im trockenen. Die nächste Nacht regnet es wieder unaufhörlich, aber immerhin! Wir sind einige Kilometer weiter voran gekommen.

 

 

Wir fühlen uns wie im Amazonas. Überall rauscht und fließt es! Alle 500 m stürzt ein Wasserfall tosend hinab!

 

 

Jede erdenkliche Stelle ist bewachsen!

 

 

Hier ist ein Wasserfall kaum noch etwas Besonderes. Einmal zähle ich zwölf riesige nebeneinander!

 

 

Baumriesen überragen die übliche Bewuchshöhe.

 

 

Morgen um zwölf wollen wir eine Fähre erreichen, ob wir das bei dem Wetter noch schaffen?

 

 

Bei strömendem Regen und 8 Grad Celsius legen wir am nächsten Morgen die letzten 18 Kilometer zurück.

 

 

Magdalena ist wahrscheinlich die einzige, die nicht friert. Allerdings ist der Hänger im Fußbereich nicht ganz wasserdicht, so dass sie nasse Füße bekommt. Wir ziehen ihr bei der nächsten Fahrt also die wasserdichte Krabbelhose über.

 

 

Sehr durchnässt aber pünktlich um halb 12 erreichen wir den Anleger. Zu unserer Freude gibt es ein kleines Café mit Ofen, in dem wir uns ein paar Minuten aufwärmen können.

 

 

Überrascht waren wir, dass die Fähre kostenlos war. Auf der anderen Seite gibt es eine schöne Wetterschutzhütte, in der wir übernachten und warten, dass der Regen aufhört.

 

 

Jo und David tun es uns gleich und wir verbringen einen sehr schönen Abend zusammen. Unsere bestückte Wäscheleine füllt die gesamte Hütte aus… Die beiden Australier sind insgesamt 17 Monate unterwegs und sind den ganzen Weg aus Alaska bis hierher gefahren – die solide Basis dafür bildet der tout terrain „Silkroad“ Stahlrahmen. Eine gute Wahl für Scheibenbremsfans – bloß das Exzentrische Tretlager würde mich stören.

 

 

Keine Kaufempfehlung hingegen gibt es für Hirzl Handschuhe! Nach weniger als 3000 Km sehen sie so aus! Dabei hatte ich sie mir extra wegen des Leders besorgt, in der Hoffnung auf lange Haltbarkeit. Ich trug sie wirklich nur zum Radfahren und habe dazu noch die Ergongriffe mit großer Auflagefläche verwendet. Schade! Nächstes Mal wird es doch wieder Gore Bike Wear…

 

 

Das letzte Stückchen nach Villa O’Higgins ist magisch! Dank der Fähre gibt es tagsüber so gut wie keinen Autoverkehr. 100 Km voll toller eindrücklicher Landschaft!

 

 

Dank des Auf und Abs eröffnen sich uns immer wieder tolle Panoramen. Hier befinden wir uns gerade auf einem windigen Pass – daher die Baumlosigkeit.

 

 

Ab und an passieren wir Erdrutsche, die behelfsmäßig passierbar gemacht wurden. Im Vergleich zum Karakorum Highway sind das hier aber kleine mini Rütschlein.

 

 

Auf halber Strecke zwischen See und Villa O’Higgins gibt es eine kleine frei zugängliche Schutzhütte, in der wir eine Nacht verbringen. So sparen wir uns den Zelt Auf- und Abbau, und haben trotz des Regens ein wenig Bewegungsfreiheit. Wir können sogar Feuer machen und unter dem Vordach der Hütte windgeschützt warm Duschen! Was für ein Luxus, seit Tagen war es uns zu kühl und windig dafür!

 

 

Am nächsten Tag regnet es weiter, aber wir müssen fahren, sonst geht uns das Essen zu neige. Wir haben nämlich nur noch etwa ein Kilo Hafer und fünf Rollen Kekse… Dank der Hütte können wir uns ganz in Ruhe regendicht verpacken und einen guten Moment zum Starten abwarten. Es gelingt uns diesmal, Livia und Magdalena den ganzen Tag trocken zu halten. Emilia und ich tragen heute Neoprensocken und die Teva Sandalen. Damit werden unsere Füße zwar nass, aber bleiben ebenfalls den ganzen Tag über warm! Ich habe nur noch wenig sauber Kleidung, und trage daher unter der Regenjacke mein Merino-Pullover. Eine gute Wahl, auch nach dem er vom Schweiß nass ist, wärmt er mich noch ausreichend. Am Oberkörper trocken zu bleiben ist nämlich unmöglich, zumindest wenn man in bergigem Gebiet unterwegs ist. Die Regenjacke hilft hier einfach nur, den kalten Regen und Wind draußen zu lassen.

 

 

Am Lago Cisnes, ganz kurz vor Villa O’Higgins, hellt es sich langsam auf, wir verlassen das das regnerische Tal und erreichen bei Trockenheit den kleinen Ort, der im Moment das Ende der Carretera Austral darstellt. Geschafft! Eine weitere legendäre Radstrecke – etwa 1200 Km – durfte ich kennenlernen, und dazu noch mit mir meine drei Liebsten! Keine einzige Panne gab es, trotz vieler übler Pisten und einigen hundert Kilometern Schotter. Nun geht es weiter nach Argentinien, der nächste größere Ort wird El Chaltén sein. Eine abenteuerliche Strecke liegt vor uns, mit zwei Fährüberfahrten. Samstag geht es los, davor gab es bisher keine freien Plätze. Ohnehin fährt im Moment nur einer der drei Anbieter, da die Winde zurzeit sehr stark und gefährlich sind und die anderen Schiffe für solche Konditionen nicht ausgelegt sind.

 

 

Wie gewohnt die Landkarte. Grün markiert ist unser Aufenthaltsort – ursprünglich ein Minidorf, dass seit Anschluss an die Carretera Austral wächst und wächst. Auch jetzt gerade wird hier gebaut, betoniert und gepflastert, der Ort wächst dank des Tourismus.

 

 

 

 

Ein Kommentar

  1. Hola aus Santiago,
    seit gestern, 17.03., wieder in einer richtigen Wohnung 😉

    Wenn es eure Zeit zuläßt – könntet ihr mir ‚irgendwann‘ die Koordinaten des obigen Radler-Refugios schicken?
    Ich kenne einige, die das übersehen konnten…
    Würde mich interessieren, wo sich das versteckt. Und evtl. für’s nächste Mal!
    Danke!!

    Bin gespannt, wie es weiter geht,

    saludos und suerte
    Werner

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